Wo man keine zeitgenössischen Fotos oder Bilder hat, sind Rekonstruktionszeichnungen oft hilfreich, um sich ein Bild von der historischen Situation einer Gegend zu machen. Der zentrale Platz im alten Langen des 18. Jahrhunderts war den Kirchplatz (heute Wilhelm-Leuschenr-Platz) mit dem ganz alten Rathaus, dem alten Pfarrhaus und der Jakobskirche. Es ist keine Abbildung von dem Ensemble bekannt, es gibt aber eine später anhand von Aussagen von Zeitzeugen erstellte Rekonstruktionszeichnung. Sie wird wieder und wieder gezeigt, wenn um diesen Kirchplatz geht, und ich mag sie nicht.
Offenbar projeziert sie die Situation des 20. Jahrhunderts auf das alte Ensemble. Wir sehen einen freien, offenen Platz, dominiert von der gut sichtbaren Kirche (Bild 1). Das kann aber so nicht gewesen sein. Der Blick auf die Kirche war deutlich verbauter. Es gibt eine Karte von 1826 ("Klöpper-Plan"), auf der zwar die fraglichen Häuser nicht direkt eingezeichnet, aber die Umrisse gut zu erkennen sind. Wir sehen, daß sowohl altes Rathaus als auch altes Pfarrhaus die Jakobskirche aus diesem Winkel deutlich verdeckt haben müssen (Bild 2 ist da eher eine vorsichtige Korrektur). Wenn man zudem annimmt, daß sich die berühmte "Gerichtslinde" nicht rechts auf dem Kirchplatz, sondern wie 1790 zu sehen direkt vor dem Pfarrhaus befand, so ergibt sich eine noch engere Ansicht (Bild 4).