Mitte 1940 herrscht in der gleichgeschalteten deutschen Presse Euphorie über den Kriegsverlauf. Man bejubelt den "Vormarsch in Frankreich" und meldet regelmäßige Erfolge der Luftwaffe. Am 22. Juni kapituliert Frankreich.
ins Visier genommen. Selbst das kleine Egelsbach bekommt ab Juni 1940 etwas ab, entsprechend alarmiert ist man an den maßgeblichen Stellen. Eine
Das Landratsamt Offenbach/M. teilt durch Pg. Eibach Folgendes mit: In der Nacht vom 5. zum 6. Juni, 1 Uhr, wurden in der Gemarkung Egelsbach 2 Sprengbomben abgeworfen. Die Abwurfstelle befindet sich zwischen 2 - 2,5 km südwestlicher Richtung auf Erzhausen und 1 - 1,5 km westliche der Bahn auf Wiesengelände. Schaden ist nicht entstanden. ...
Ob es sich um eine gezielte Bombardierung des Feldflughafens oder einer Scheinwerferstellung oder etwa um den Abwurf von Restmunition handelt, geht aus dieser Notiz nicht hervor. Ebensowenig aus
folgender, launischer Meldung vom 7.6.1940 der NSDAP-Ortsgruppe Egelsbach an die Kreisleitung in Offenbach:
Betr.: Stimmungsbericht für die Woche vom 3. - 8. Juni 1940. Die in den Nächten vom 3. zum 4. und vom 5. zum 6. ds. Mts. durch feindliche Flugzeuge durchgeführten Fliegerangriffe haben in der Egelsbacher Bevölkerung ziemlich Erregung hervorgerufen. Hierzu trugen naturgemäss die aus den banachbarten Städten von Arbeitern nach hier gebrachten alarmierenden Nachrichten ihr gut Teil bei. In diesem Zusammenhang stellen sich die Bewohner folgende Fragen: 1) Warum wird den massgebenden Stellen das Herannahen feindlicher Flieger nicht derart frühzeitig gemeldet, dass rechtzeitig Fliegeralarm gegeben werden kann? 2) Wieso kommt es, dass die Flak gegen die feindlichen Flieger an dem Bombenabwurf nicht zu hindern versucht hat? (In diesem Zusammenhang dürfte es interessieren, dass in Frankfurt beschäftigte Egelsbacher Arbeiter das Gerücht mit nach Egelsbach brachten, die Flak habe in der letzten Nacht Schießverbot gehabt!) 3) Wie ist es möglich, dass bei dem Versuch, einen feindlichen Blindgänger auszugraben, durch vorzeitige Explosion 7 deutsche Menschen, darunter auch die zwei Sachverständigen, ihr Leben lassen mussten? ...
Ob sich diese Explosion des Blindgängers in Egelsbach zugetragen hat, ist mir unklar. Weiter heisst es:
Zu dem Fliegerangriff selbst ist folgendes zu bemerken: In der Nacht vom 5. zum 6. ds. Mts. sind in der Egelsbacher Gemarkung und hart an deren Grenze nach Süden zu Bomben eingeschlagen, die, da sie ins Feld fielen, nur geringfügigen Flurschaden anrichteten. (Einschlagstellen siehe beiliegende Skizze!) Dagegen sind in der Gemarkung von Erzhausen sowohl als auch im Ort selbst Bomben eingeschlagen. Im Ort fiel eine Bombe mitten auf die Rheinstrasse und richtete nur geringen Sachschaden an Ziegeln und Fensterscheiben an. Alle anderen Einschläge lagen im Felde. Die Sprengtrichter sind etwa 2,50 mtr. tief und 4 - 5 mtr. breit.
Die Lage der Bombenabwürfe auf der Skizze legt nahe, daß durchaus der Feldflughafen als auch die Scheinwerferstellung bei Erzhausen das Ziel gewesen sein kann.
Der "Stimmungsbericht" geht weiter:
Im übrigen stelle ich fest, dass gerade auf diese letzten Fliegerangriffe hin in Egelsbach eine fieberhafte Tätigkeit hinsichtlich der Herstellung von provisorischen Luftschutzkellern einsetzte. Das einzige erfreuliche Zeichen. Im übrigen weise ich wiederholt darauf hin, dass trotz der diesbezüglichen Meldungen an den Kreisbeauftragten für Altmaterialerfassung das anlässlich der Metallspende für das deutsche Volk gespendete Metall immer noch nicht abgeholt ist. Da dieses Metall im Luftschutzkeller der Volksschule in der Rheinstrasse gelagert ist, muss ich nunmehr auf sofortigem Abtransport desselben bestehen. Denn dieser Zustand ist auf die Dauer unhaltbar und trägt nur zur Beunruhigung der Elternschaft bei. Sollte das Metall bis Mitte nächster Woche nicht abgeholt sein, so werde ich es eines Tages nach Offenbach bringen lassen.
In Offenbach ist die Stimmung nicht besser.
Die Antwort vom 10.6.1940 nach Egelsbach lautet lapidar:
Ihr Bericht über den Bombenabwurf kommt reichlich spät. Ich erinnere an unsere Aufforderung, dass derartige Vorfälle sofort telefonisch und anschliessend schriftlich nach hier gemeldet werden müssen. Zu den in Ihrem Schreiben gestellten Fragen kann ich keine Antwort geben. Ich mache Ihnen den Vorschlag, sich einmal den Kopf zu zerbrechen und zu überlegen, mit welchen Vorschlägen man an die Dinge heranzugehen hat.
Ende des selben Monats muss man feststellen, daß auch eine aktive "Flak" durchaus gefährlich sein kann.
Am 1.7.1940 meldet die NSDAP Ortsgruppe Egelsbach wiederum nach Offenbach:
Betr.: Angriff feindlicher Flieger in der Nacht vom 29. zum 30. VI 40. Hier: Explodieren eines Flakblindgängers in der Gemarkung Egelsbach. Bei dem oben erwähnten Fliegerangriff ist in einer Entfernung von etwa 350 mtr. südlich des Ortsrandes der bewohnten Gemarkung von Egelsbach und etwa 600 mtr. östlich der Main-Neckar-Bahn ein Blindgänger der Flak eingeschlagen und explodiert. An einem Wohnhaus in der Nähe des Bahnhofes Egelsbach durchschlug ein Splitter eines Flakgeschosses das Dach und Speicherdecke und blieb im Trappenhaus liegen. In beiden Fällen ist Personenschaden nicht entstanden. Zur Orientierung diene beiliegende Skizze.