Leicht & Sinnig

Das Gute an diesen Messtischblättern ab ca. 1890 ist: Sie sind sehr exakt, zudem sind die Karten von der Uni Greifswald auch schön plan gescannt. Das heißt, es ist eine Freude, sie auf aktuellen Karten (OSM) ausrurichten. Ein wenig drehen und verschieben, plötzlich macht es "Schnapp" und alles passt.

Nervraubend jedoch ist wie immer die Datierung. Zwar stehen unten immer Vermerke über Aufnahme und ggf. Nachträge, aber trotzdem gibt es offenbar nicht vermerkte Einträge. Auch ist mir nicht klar, ob etwa ein "Neudruck" auch mit Korrekturen einhergeht. Aber ich will nicht klagen, diese Karten geben einen ziemlich guten Überblick über Südhessen am Anfang des 19. Jhds.

Da alle Karten jetzt ausgerichtet sind (außer Babenhausen), kann man sie gut vergleichen. Es fallen ein paar Dinge auf (ungeordnet, ohne weitere Recherche):

6117 (Darmstadt West) 1910 vs. 1936

• Neben dem Barackenlager bei Griesheim erkennt 1936 man grob an einigen Wegen die Lage des Kriegsgefangenenlagers aus dem 1. Weltkrieg (Bild 1). Auch die Überreste der Verbindungsbahn vom Hauptbahnhof zu diesem Lager sieht man ("Alter Bahnkörper", Bild 2).
• Der Waldfriedhof ist deutlich größer geworden. Es wurde wohl viel gestorben damals.
• Die Straßenbahn führt nun an beiden Seiten vom "Langen Lui" entlang statt nur an einer. (Bild 3)
• Die obsoleten Schienen vor dem ehemaligen Hauptbahnhof verschwinden. (Bild 4)
• Na klar, die Autobahn! (ab 1933)
• Die "Täubcheshöhle" ist nun mit "Teufelshölle" bezeichnet. Es ist wohl beides gebräuchlich. (Bild 6)

6118 (Darmstadt Ost) 1910 vs. 1936

• 1936: Verdindungsstück von Kranichstein zur Odenwaldbahn (Bild 7)
• Der Juden-Pfad heißt nun Löns-Pfad (heute Seitersweg, Bild 8)
• 1910 gibt es am Atzwinkelweg eine Seilerei. Um 1936 ist der Schriftzug verschwunden, allerdings sind dort weitere längliche Grundstücke zu erkennen. Gibt es die Selerei nicht mehr, oder ist sie so stark expandiert, daß für den Schriftzug kein Platz mehr war?

6116 (Oppenheim) 1914 vs. 1933

• Da rätsel ich ja schon bei der Karte 1899/1904 über die Datierung. Beschriftet ist sie "Bearbeitet durch Grossh. Hess. Katasteramt 1897-1899. II. Auflage 1914 " Beinhaltet eine 2. Auflage auch Nachträge? Grundsätzlich würde ich das nicht unbedingt erwarten, schlielich sind bei den meisten anderen Messtischblättern Nachträge als solche vermerkt. Andererseits sind auf dieser Karte zahlreiche "Starkstromleitungen" (also wohl Überlandleitungen) als Pfeile eingezeichnet. Bei Ludwigshöhe und auch bei Stockstadt findet man mehrere solcher Leitungen. Das sieht mir eher nach 1914 aus als nach 1899. Bei der Karte von 1933 (Bearbeitet durch Hess. Landesvermessungsamt 1897-1899. Nachträge bis 1930. Kleine Nachträge bis 1933) fand man es dann wohl nicht nötig, diese Leitungen einzuzeichnen. Sonderbar ...

6015 (Mainz) 1910 vs. 1927

• 1910 sind allerhand projektierte Straßen rot eingezeichnet. 1927 sieht man dann, wo etwas aus diesen Plänen gewurden ist (Bild 11)

6016 (Gross-Gerau) 1913 vs. 1928

• Auch hier wieder sie Stromleitungen auf der älteren Karte, zu 1913 scheint mir das aber durchaus zu passen. 1928 sind sie wieder nicht eingezeichnet.
• Die Opel-Rennbach: Heute nahezu vergessen und zugewuchert. Die Betonreste im Wald lassen einen nicht glauben, daß hier einmal Rennen vor Tausenden Zuschauern stattgefunden haben.(Bild 12)
• Die Opelwerke selbst sind auch ordentlich gewachsen (Bild 13)
• Die Konserven-Fabrik Gross-Gerau von 1899 ist auf der späteren Karte erweitert und auch beschriftet.

6017 Mörfelden 1889 vs. irgendwann

• Auch hier ist die Datierung wieder schwierig. Die m.E. frühere Karte ist beschriftet mit "Bearbeitet durch Grosshzgl. Katasteramt 1889. Neudruck 1912 ". Mir ist nicht klar, ob ein Neudruck nun auch Nachträge beinhaltet. Ich könnte mir vorstellen, daß wir hier den Zustand von 1889 sehen. Die andere sagt nur "Bearbeitet durch Hess. Landesvermessungsamt 1889", beinhaltet aber auf jeden Fall Nachträge gegenüber der ersten Karte, z.B. erste Bebauung in Langen-Linden. Linden-Experten vor: Von wann ist dieser Zustand? Das kann ja m.E. eigentlich erst so ab 1925 sein. Andererseits ist dafür östlich der Bahn noch recht wenig los.
• Die "neugebaute Kreisstrasse von Worfelden zu der Strasse Groß-Gerau - Langen" von 1914 ist auch nachgetragen (siehe auch hier, Bild 15)
• Erzhausen ist mächtig gewachsen (Bild 16)
• Ein kleines Stück Wiese beim Gundbach bekommt den Vermerk "zu Gem. Raunheim". Vielleicht hilft das bei der Einordnung? (Bild 17)

6018 Messel 1887 vs. 1929, für mich die spannensten Karten, weil das Stadtgebiet Langen drauf ist.

• Meine Wilhelmstrasse geht 1887 nur bis knapp südlich des Leukertswegs, und dann geht es weiter über eine Querverbindung zum Egelsbacher Weg. Diese Verbindung gab es nur kurz, 1929 ist die Wilhelmstraße gerade weitergebaut worden, die Diagonale der Querverbindung ist aber noch heute in den Grundstücksgrenzen zu erkennen. (Bild 18)
• Südlich von Bayerseich steht die sog. Sängerlinde, das ist schon außerhalb der alten Karte. Diese Linde (manchmal ist auch von mehreren Sängerlinden die Rede) stand wohl noch lange in die 1980er oder 1990er Jahre. Jetzt ist an der Stelle nichts mehr zu erkennen. Ich warte noch auf Bilder von dieser Sängerlinde. (Bild 19)
• Die "Station Kranichstein" ist zum veritablen Rangierbahnhof ausgebaut worden, mit dem signifikanten Lokschuppen. (Bild 20)

Ach, ich könnte noch ewig suchen. Demnächst werde ich auch noch "6019 (Babenhausen)" einnorden, auch wenn Babenhausen nicht gerade mein Hauptinteresse ist. Ich hoffe zudem, daß ich weitere Karte von der Uni Greifswald bekomme, damit auch das Gebiet nördlich von Langen abgedeckt ist.

Fröhliches Stöbern und Eiersuchen!