Endlich gefunden: der "Grosse Waisengarten" in Darmstadt
Seit über vier Jahren schlummert der "Grundriss Des Grossen WaisenGartens zwischen dem kleinen Woog und Jäger Thor gelegen" von 1754 bei mir auf der Darmstadt-Seite, und trotz vieler Versuche habe ich es nicht geschafft, ihn zu lokalisieren. Das ist besonders ärgerlich, denn er scheint ziemlich exakt zu sein, so wie alle Zeichnungen von Hill recht zuverlässig sind.
Freilich, es gab damals einen Weg vom Jägertor zum kleinen Woog, dort wo heute die Merckstraße und die Mühlstraße sind. Doch ein Waisengarten ist dort nicht zu finden. Östlich dieses Weges hören die Karten aus dem 18.Jhd leider auch auf. Andererseits gibt es natürlich das Waisenhaus selbst, aber in der entgegengesetzten Richtung vor dem Bessunger Tor. Und das Waisenhaus hat soger einen "zum Waisenhaus gehörigen Garten"! Sollte sich Hill bei den Toren geirrt haben? Kaum zu glauben eigentlich. Zudem hat dieser Garten auch eine komplett andere Form.
Nachdem ich in den letzten Tagen viel auf meine Darmstadt-Karten gestarrt habe, wollte ich doch noch einmal einen Versuch wagen. Leider sind die Flurkarten von 1905 zeitlich schon weit entfernt. Aber es gibt einen weiteren, sehr hilfreichen Plan, der auch den Bereich östlich zeigt, und zwar von 1866. Und tatsächlich, hier findet man nun das charakteristische "Dreieck" auf dem Hillschen Grundriss, und zwar an der damaligen Gabelung von Mühl-Strasse und Mühlweg. Der Waisengarten als solcher existiert zwar nicht mehr, aber der Grundriss des Grundstücks ist noch gut nachzuvollziehen. 1866 steht dort nun die "Knaben-Arbeits-Anstalt". Der direkte Vergleich (Bild 1) zeigt, wie exakt Hill schon damals gezeichnet hat. Man kann das auch mit dieser Karte nachprüfen, man muss dort nur beide Ebenen anschalten.
Und obwohl die Stelle schon mehrfach plattgemacht und umgestaltet wurde (Waisengarten, Bleiche, Knaben-Arbeits-Anstalt, Chemische Fabrik Merck, Gartenschule, Parkplatz / Parkanlage), ist bis heute noch ein gutes Stück Grundstücksgrenze auf den aktuellen Liegenschaftskarten erhalten geblieben, nämlich der Verlauf des Darmbachs von der heutigen Rudolf-Müller-Anlage in die Stadt (Bild 2).